26. Station am 28. März 2022:

 

Die Poelchau-Stele
an der Poelchau-Straße / Ecke Märkische Allee

 

 

Seit dem 31. Januar 1992 erhielt die bisherige Karl-Maron-Straße wie auch der gegenüber liegende S-Bahnhof den Namen Poelchaustraße bzw. - S-Bahnhof. Über dem Straßenschild steht:

Harald Poelchau
Gefängnis- und Sozialpfarrer
1903- 1972

Ehefrau Dorothee Poelchau, geb. Ziegele
1902 – 1977

Beistand für politische Häftlinge und Verfolgte des Naziregimes in Berlin

Die Erinnerungsstele wurde am 18. September 2017 hier am Weg zu „Kaufland“, an dem viele täglich auf dem Weg zur S-Bahn oder zum Einkauf vorbeigehen, der Öffentlichkeit übergeben. Kaum einer weiß, wer das Ehepaar war, das mit der Straßenumbenennung seit 1992 geehrt wird. Darum setzte sich Pfr. i. R. Wolfram Hülsemann zusammen mit dem Ökumenischen Forum Marzahn e.V. dafür ein, das hier diese Stele errichtet wurde. Mitte Februar lagen vor der Stele Blumen auf beiden Seiten, hier die Rückseite mit Worten von Freunden über die beiden.

 

 

Pfr. i.R. Hülsemann erzählte uns aus dem Leben von Harald Poelchau und seiner Frau Dorothee, von der Einweihung der Stele, an der auch ihr Sohn Harald und dessen Schwester Andrea Siemsen teilnahmen. Als Berliner Gefängnispfarrer hat Poelchau mehr als 1000 zum Tode Verurteilte in den Jahren des Nationalsozialismus begleitet und mit Ihnen ihre letzten Stunden verbracht, Verbindung zu ihren Angehörigen geknüpft und geholfen, wie er konnte. Über ihre Wohnung in der Afrikanischen Straße haben er und seine Frau mittels eines großen Freundes- und Bekanntenkreises vielen Verfolgten das Leben retten können, wobei sie selbst ihr Leben riskierten. 1972 wurde das Ehepaar von der Gedenkstätte Yad Vashem deshalb als Gerechte unter den Völkern anerkannt. Dass Poelchaus bei uns trotzdem so lange unbekannt blieben, liegt wohl daran, dass ihre Arbeit den Nazis unbekannt blieb und sie nicht wie so viele andere Märtyrer wurden.

 

Auch wir hatten Blumen mitgebracht, aber dann vergessen, sie zu fotografieren.

 

Wolfram Hülsemann betonte die Prägung Harald Poelchaus durch den Theologieprofessor Paul Tillich, bei dem er auch Assistent war und eine Doktorarbeit schrieb und mit dem er sein Leben lang befreundet war. Paul Tillich musste 1933 in die USA emigrieren, denn wegen einer kritischen Schrift wurde er, der religiöser Sozialist, in Tübingen entlassen.

Ob es wohl noch mehr Straßen oder Plätze in unserem Stadtbezirk gibt, die an Christen erinnern? Auf jeden Fall gibt es die Grüberstraße und den Grüber-Platz in Kaulsdorf, die wir demnächst besuchen werden. Mit Heinrich Grüber verband Harald Poelchau nicht nur die Hilfe für verfolgte jüdische Mitbürger, sondern später auch die Mitgliedschaft im Zentralvorstand der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes für die SBZ.

 

Zum Schluss erhielten wir noch ein Faltblatt mit Informationen über das Ehepaar Poelchau, das Herr Hülsemann auch immer wieder in der nahegelegenen Apotheke auslegt und dass dort gern mitgenommen wird.